Über dem Haslachtal
Um viertel nach Acht laufe ich in Kappel (bei Lenzkirch) los. Die Temperatur hier auf 900 m beträgt schon 20°. Der Wetterbericht prognostiziert einen schwül-heissen Tag. Die heutige Tour habe ich aus einem Wanderführer und ist mit: «Über dem Haslachtal» betitelt. Im Gegensatz zur Tourenbeschreibung starte ich aber nicht in Saig, sondern am Wendepunkt in Kappel, der näher liegt.
Der Weg führt in Richtung Freibad aus dem Ort hinaus. Beim Freibad befindet sich die «Franzosenschmiede», ein Überbleibsel einer Feldschmiede mit Ambossuntersatz und Kühltrog, das die Französischen Truppen 1799 hinterlassen haben. Am Strassenrand leuchten viele Ebereschen mit ihren roten Vogelbeeren. Wo der Wanderweg nach zwei Kilometern in den Wald signalisiert ist, geht es nach meiner Beschreibung auf der asphaltierten Strasse weiter. So bleibe ich auf dieser und komme so zum Hierakreuz an einer Waldlichtung mit weidenden Kühen. Hier verlasse ich die Strasse und steige den Waldweg bergauf. Ein Eichhörnchen huscht vorbei und verschwindet im Gebüsch. Der Weg verläuft zum Glück immer im Schatten. Ab dort, wo er am Waldrand entlang führt, erblickt man das Dorf Saig und einige Bänke laden zur Rast ein. Auf dem ersten steht der besinnliche Spruch: Dies Bänklein lädt Dich ein, mit Dir allein zu sein, zusammen mit der stillen Ruh, die jeder hat – wie ich und Du.
Bevor der Anstieg zum Hochfirst beginnt, mache ich eine Pause auf einer Bank mit Blick auf Saig und eine Kuhweide. Irgendwas stört an diesem Bild. Es ist das Fehlen der Kuhglocken. Ich komme mir vor, wie in einem Stummfilm. Noch einmal kurz Bergauf und Bergab und dann beginnt der eigentliche Aufstieg. Auf anderthalb Kilometer sind die 150 Höhenmeter zu überwinden. Teils mehr, teils weniger steil steige ich langsamen Schrittes den schattigen Weg hoch. Beim Austritt aus dem Wald öffnet sich der Blick zum blauen Titisee und zum Feldberg. Hier muss ich zuerst einmal verschnaufen und diesen Ausblick geniessen und mit der Filmkamera festhalten. Nach 500 m dem Weg folgend erreiche ich das Restaurant des Hochfirsts. Obwohl es schon 11 Uhr ist, ist es noch geschlossen. So begebe ich mich auf die Suche nach dem Aussichtspunkt. Er befindet sich ca. 50 m in westlicher Richtung und liegt nur etwas oberhalb von dem Punkt, wo ich vorhin pausierte. Ortskundige steigen von dort aus den steilen Hang hinauf. Auf einer Bank komme ich mit einem Paar ins Gespräch, das aus der Menzenschwand stammt und auch viel in dieser Region wandert.
Zurück beim Restaurant sitzen jetzt schon einige Gäste im zwischenzeitlich geöffneten Restaurant. Ich überlege mir, ob ich jetzt hier zu Mittag essen soll, oder weiterlaufen soll. In Anbetracht, dass es heisser und schwüler werden kann und der Wetterbericht heftige Gewitter für den Schwarzwald angekündigt hat, laufe ich weiter. Auf dem jetzt nur noch abwärts verlaufenden Weg kommen mir etliche Wanderer entgegen. Vorbei geht es am Vögelefelsen. Einem Schalenfelsen an dem sich angeblich die Vögel tränken. Während ich einen grossen Ameisenhaufen filme passiert mich das Paar wo ich oben getroffen habe. Eine Schutzhütte mit Rastplatz trägt den Namen Hierabrunnen. Aus dem dazugehörenden Brunnen fliesst aber bei dieser Trockenheit kein Wasser. Ein grosser, schwarzer Schmetterling mit gelbem Flügelrand fällt mir auf. Es ist ein «Trauermantel». Weiter unten macht sich ein voll beladener Langholz-Transport zur Abfahrt bereit.
Wo der Weg den Wald verlässt, steht das steinerne «Franzosenkreuz», das an die Gefallenen eines Gefechts zwischen französischen und österreichischen Truppen am 4. April 1799 erinnert. Das Donnern, das ich jetzt höre ist kein Gefecht sondern ein aufziehendes Gewitter über dem Hochfirst. Die Entscheidung, dort weiter zu laufen war also richtig. Von hier sind es nur noch 20 Minuten bis zum Auto in Kappel, wo ich genau um ein Uhr, nach 14 km ankomme.
Hier das Video dazu