Dienstag, 18. März 2014 30.7 km
Um sechs Uhr klingelt der Wecker. Für diese lange Etappe will ich früh los. Jutta und Roland fahren mit dem Taxi bis zum Eingang des Naturparks. Sie wollen die 18 km auf der Landstrasse auslassen und hängen dafür noch die 15 km der nächsten Etappe an. Daher werde ich sie wahrscheinlich nicht mehr sehen.
Ich laufe kurz nach sieben los, steure aber die erste geöffnete Bar an trinke einen Kaffee und esse einen Gipfel mit Schokoladenfüllung. Durch den Ort raus gehts zur Landstrasse. Links am Himmel der Vollmond und rechts erscheint die rote Sonne. Autos fahren nur wenige. Die Landschaft ist fast wie bei uns, nur mehr Bäume und Büsche. Auf den Weiden grasen die Kühe. Am Strassenrand wuchert das Unkraut: Lavendel und Rosmarin. Mit der Sonne öffnen auch die Zistrosen ihre leuchtenden weissen Blüten. Ihr Leuchten erinnert mich an die leuchtenden Augen Samiras und so nenne ich sie für mich immer die Augen Samiras. Nach acht Kilometer mache ich eine kurze Pause am Strassenrand und während ich hier sitze, nähert sich der Spanier mit der Fahrradmontur und in Laufschuhen. Wir wechseln kurz ein paar Worte und er zieht weiter und ich auch bald. Später sehe ich ihn wieder vor mir. Die nächsten zwei Stunden läuft er in Sichtweite vor mir bis wir nach 18 Kilometer den Eingang zum Naturpark Sierra Norte erreichen. Nach 20 Minuten im Park suche ich ein Plätzchen für die Mittagspause. Während dieser laufen das holländische Paar vom Sonntag vorbei und später auch noch Carsten. Er will noch bis zu einer Wasserstelle laufen und dort sein Zelt aufschlagen.
Nach der Pause führt der Weg weiter durch hügelige Landschaften mit Kork- und Steineichen. Am tiefsten Punkt überquert man einen Bach. Entlang diesem, oder was davon vorhanden ist, wird man vom Gequake der ins Wasser springenden Frösche begleitet. Vorbei an einer riesigen, alten Hausruine durchquere ich ein mit Kiefern neu aufgeforstetes Gebiet bis ein Tor das Ende des Parks markiert. In einem kleinen Tal geht es leicht bergauf. Der Talboden ist weiss von den vielen kleinen Gänseblümchen. Eine riesige Kröte flüchtet ins Wasser, und bei jedem Wasserloch, das vom Bach übrig war, springen die Frösche hinein. Die ersten gelben Ginsterbüsche leuchten. Der Weg führt dann extrem steil den Berg hinauf. Ich muss einige Male anhalten zum Verschnaufen. Zum Glück versteckt sich die Sonne auf dieser Strecke hinter einer Wolke. Es ist sowieso heute nicht so heiss wie gestern. Zudem bläst öfters ein angenehmer Wind. Oben angekommen entschädigt eine grandiose Aussicht über den durchquerten Park für die letzten Strapazen. Auf der Andern Seite hat man den Überblick über den Zielort Almadén de la Plata. Die weissen Häuser mit den braunen Dächern in der grünen Landschaft geben ein Postkartensujet ab.
Über den steinigen Weg gehts ins Dorf runter. Ich sucht die private Herberge, die ich nach umrunden der Kirche auch finde. Auf mein Klopfen öffnete jedoch niemand und so gehe ich weiter zur öffentlichen (Jugend-)Herberge. Dort liegt bereits Anna in einem Bett und der Spanier hat ein weiteres bezogen. Nach dem Duschen und Wäsche waschen gehe ich zwei Bier trinken und einkaufen. Auf dem Rückweg vom Einkaufen vermisse ich plötzlich mein Taschenmesser. Ich weiss noch, dass ich es im Park zu Essen brauchte. Ich suche überall, aber ohne Erfolg. Dann erinnere ich mich, dass ich den Abfall in der Herberge in den Kübel steckte und suche dort. Tatsächlich liegt es noch in der Plastiktüte mit dem Abfall.
Samuel, so heisst der Spanier, der ebenfalls mit mir einkaufte, macht Tortilla (Omeletten) und lädt mich zum Mitessen ein. Während ich mit Silvia telefoniere, trifft noch Carsten ein. Er wollte ja im Park zelten, fand auch den See, wurde aber von den Parkwächtern darauf hingewiesen, dass das Zelten im Park verboten sei. So machte er sich halt auch noch auf den Weg nach Almadén de la Plata. Nach dem Essen gehe ich mit Samuel noch in eine Bar, trinken noch was und versuchen uns, so gut es mein Spanisch erlaubt, zu unterhalten.
