1 Sevilla – Guillena

Sonntag 16. März 2014          22.8 km

Jetzt geht’s los

Nach einer ruhigen Nacht, die Musik und der Magen verhielten sich in mässigem Rahmen, richte ich mich zur ersten Etappe. Vor der Pension lasse ich noch ein Foto von mir machen und dann beginnt um acht Uhr mein Camino. Die Route habe ich mir auf dem Stadtplan eingeprägt, soweit der reicht. Nun benötigte ich den Führer, der noch im Rucksack verstaut ist. Während ich den Rucksack wieder anschnalle, höre ich hinter mir ein Rufen. Die Wanderstöcke in ihren Händen, zeigt mir gleich, dass es sich ebenfalls um eine Pilgerin handelt. Wir begrüssen uns auf Spanisch. Anna heisst sie und stammt aus Ungarn, aus Budapest, wie sie später erklärt. Sie erzählt mir, dass sie gerade den

Anna aus Ungarn

Camino Francés gelaufen ist und direkt von Santiago de Compostela mit dem Bus nach Sevilla gefahren ist um noch die Vía de la Plata zu laufen. Sie schreibt ihre Diplomarbeit über den Jakobsweg. Die Sprache wechseln wir bald auf Deutsch, das wir besser sprechen als Spanisch. Ihre Erfahrung im Erkennen der Wegmarkierungen helfen mir sehr auf dem ersten Teilstück. Sie sieht die Pfeile lange vor mir. So laufen wir am Fluss entlang, an den Pferden und an einer Hundefarm vorbei gemeinsam bis Santiponce. Dort mache ich erst mal eine Pause um zu frühstücken: Eine dicke Schokolade mit Churros. In der Zeit wo ich dort sitze, laufen zwei Paare mit Rucksack vorbei. Nach fast einer Stunde Pause begebe ich mich wieder auf den Weg. Santiponce besteht fast nur aus weissen Häusern. Entlang der Strasse stehen Orangenbäume, voll mit reifen Früchten. Essen sollte man sie jedoch nicht, sie sind nur geeignet um Konfitüre zu machen. Ausserhalb des Ortes will ich die römischen Ausgrabungen «Italica» besuchen.

Entgegen den Angaben im Führer öffnen sie (heute?) erst um halb eins. Solange will ich nicht warten und laufe weiter. Auf der wenig befahrenen Hauptstrasse führt der Weg bis nach der Autobahnunterführung. Danach geht’s auf einem Feldweg weiter. In der Zwischenzeit brennt die Sonne recht stark und es scheint ratsam, den Hut hervor zu holen. Während ich ihn auspackte, überholt mich ein älteres (60 +) Paar. Später schliesse ich zu ihnen auf und sie erzählen mir, dass sie aus Eindhoven NL kommen und die Vía de la Plate bereits zum zweiten Mal laufen. Sie gehen ohne Stöcke, obwohl der Mann eine Knieprothese hat.

Das Paar aus Eindhofen an der Furt nach Santiponce

Auf dem Weg kommen uns viele Mountainbiker entgegen. Die meisten grüssen freundlich. Die berüchtigte Furt auf dieser Strecke erweist sich als harmlos. Die Trockenheit der letzten Tage sorgte für einen geringen Wasserstand. Im schlechtesten Fall kann das Wasser hier bis ein Meter tief sein. Direkt bei der Furt rastet ein deutscher Pilger. Nach etwa einem halben Kilometer mache auch ich Pause und lasse die Holländer weiterziehen. In dieser Zeit zieht der Deutsche an mir vorbei und wir winken einander zu. Er läuft recht langsam und trotzdem hole ich ihn nicht mehr ein. Der Weg führt über Ackerland und später an einer Olivenplantage und einer Orangen- und

Zitronenplantage vorbei. In der Ferne sieht man die dazugehörenden Höfe. Guillena erreichte ich gegen halb drei. Kurz nach dem Ortsanfang zeigt ein Wegweiser zur öffentlichen Herberge. Da eine neue, private Herberge empfohlen wird, laufe ich weiter. Bald winkt auf der andern Strassenseite eine Frau. Es ist Pilar, die Hospitalera der Albergue Luz del Camino, die mich freundlich begrüsst. Drinnen gibts die nächste Begrüssung durch Anna, die ebenfalls hier logiert. In einem  Dreibettzimmer beziehe ich mein erstes Nachtlager. Nach dem Duschen kann ich die Kleider Pilar geben, die sie gleich in die Waschmaschine steckt.

Rast nach der Furt

Nachher bummle ich durch den Ort, trinke vor einer Bar zwei Bier und schreibe Tagebuch. Einen Pilger der vorbei läuft frage ich auf Deutsch (so sah er aus), ob er die Herberge suche. Er ziehe noch ein Stück weiter, entgegnet er, er schlafe im Zelt. In der Herberge zurück versucht mir Pilar mit einem Computer-Übersetzungsprogramm Spanisch – Englisch klar zu machen, dass sie mit der Tochter kurz zur Mutter gehen wolle, um Kaffee zu trinken. Als ich ihr erkläre, dass ich das Spanische verstanden habe, aber kein Englisch spreche, muss sie laut lachen. Später sitze ich noch einige Zeit vor die Herberge. Pedro, der Mann von Pilar, setzt sich auch dazu und wir unterhalten uns, das heisst, vorwiegend sprach er, den seinen andalusischen Dialekt verstehe ich kaum.

Pilar vor ihrer Herberge «Luz del Camino»

Das Problem ist, die Andalusier kürzen die Worte und sprechen sie nicht zu Ende. Um sieben verlassen sie die Herberge. Mit Anna gehe ich dann zum Abendessen. Vorher wollte sie noch in die Kirche. Diese war aber geschlossen, im Gegensatz zum Nachmittag als ich dort war. In dem von Pilar empfohlenen Restaurant gibt es ein Pilgermenü für 6.-€: Ein Getränk, Salat, Brot Oliven, Fisch, Obst und einen Kaffee. Anna will um acht nochmals zur Kirche, weil sie glaubt, es gebe eine Messe. Später erzählt sie, dass es eine kurze Prozession zu einer andern Kirche gab. Ich laufe derweilen nochmals durch die Strassen und trinke in einer Bar einen grossen Brandy für sagenhafte 1 €. In der Herberge setze ich mich noch im Aufenthaltsraum und wir, Anna kam auch bald wieder, schreiben Tagebuch. Das deutsche Paar, das auch noch hier ist, hat sich bereits zurückgezogen.

 

 

01 Sevilla-Guillena
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